Im September 1948, gut drei Jahre nach Kriegsende und nur wenige Monate nach der Währungsreform, tauchte auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt ein ungewöhnliches Magazin auf. Es fiel schon allein äußerlich durch sein kleines, nur taschenbuchgroßes Format auf. Und der Inhalt, eine Auswahl über den Tag hinaus aktueller Artikel und Buchauszüge, versprach den Lesern eine neue, aufregende Leseerfahrung. Sein Name: Das Beste aus Reader’s Digest.
Wer in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg Presseerzeugnisse publizieren wollte, benötigte in allen vier Besatzungszonen eine Lizenz, sprich eine Genehmigung, der zuständigen Militärregierung. Für den US-amerikanischen Verlag Reader’s Digest lag es nahe, eine solche Lizenz in der US-Besatzungszone zu beantragen. Die Wahl des Standorts fiel auf Stuttgart. Die Stadt im Südwesten war damals Hauptstadt des Übergangsstaates Württemberg-Baden. Stuttgart galt als besonders aufbaufreudig und verfolgte das Ziel, als Verlagsstadt an die Stelle Leipzigs zu treten. Im Frühjahr 1948 reiste Reader’s Digest-Generaldirektor Paul W. Thompson nach Stuttgart, um Gespräche mit dem damaligen Oberbürgermeister Dr. Arnulf Klett zu führen. Der dachte sich nach eigenem Bekunden: „Das Beste ist für Stuttgart gerade gut genug“ und unterstützte das Vorhaben, unter anderem bei der Suche nach Verlagsräumen in der zerbombten Stadt.
Start mit zwei Probeausgaben 1948
In Windeseile bereiteten ein halbes Dutzend Mitarbeiter zunächst einmal zwei Probeausgaben der neuen Zeitschrift vor. Damit diese und das erste „richtige“ Magazin im September erscheinen konnten, galt es aber einige Herausforderungen zu meistern. Fast alles für den Druck erforderliche Material – selbst Packpapier und Bindfaden – musste man aus Amerika einführen.
Zum Preis von einer D-Mark und in einer Auflage von mehr als 200.000 Exemplaren ging das Magazin an den Start. Die Themen, die den Leser auf 136 Seiten erwarteten, bestanden aus einer Mischung, die das Magazin bis heute prägt: Dramatisches („Wir trieben vier Monate auf dem Floß“), Medizinisches („Sollen Bauchoperierte aufstehen?“), Informatives („Ich flog so schnell wie der Schall“), Nachdenkliches („Der Wendepunkt in meinem Leben“, Nachdruck in dieser Ausgabe) und Humoriges („Was ist ein Mann?“).
In seinem Leitartikel „Ein Tor zur Welt“ pries der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Prof. Wilhelm Röpke die Vorzüge der neuen Zeitschrift: „Wer sie nicht mag, darf sie liegen lassen und nach Herzenslust sogar über sie schimpfen, und nur wer sie mag, wird sie kaufen und lesen.“
Die deutschen Leser mochten das Magazin!
Ab Ende 1948 stieg seine Auflage allmonatlich um 20.000 Exemplare. Zu Beginn hat Das Beste seine Beiträge ausschließlich aus der US-amerikanischen Ausgabe übersetzt, doch im Lauf der Jahre hat sich das geändert.
Heute stammt weniger als ein Drittel aus den USA, das übrige Artikelangebot setzt sich vor allem aus deutschen und einigen internationalen Beiträgen zusammen. Etwas Entscheidendes hat sich aber über all die Jahrzehnte nicht gewandelt: Die positive und konstruktive Grundhaltung, die sich durch die Artikel zieht. Damals wie heute versteht sich Reader’s Digest als Anwalt der guten Nachricht und sieht das Glas lieber halb voll als halb leer!
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