Selig vereint sitzen dann alle auf Holzstühlen vor Apfelschorle, Radler oder einer Maß und genießen die anbrechende laue Nacht. Die Münchner haben's erfunden. Seit 1812 dürfen die Gäste in München offiziell ihr Bier im Freien genießen. Das kam so: Früher wurde hauptsächlich untergäriges Bier getrunken. Um es zu brauen, benötigte man niedrige Temperaturen. Deswegen verlagerten viele Bierbrauer ihre Produktion unter die Erde. Doch die Keller waren meist immer noch zu warm. Kühlschränke gab es damals nicht. Die Braumeister ließen das Gelände über den Kellern dick mit Kies bestreuen und pflanzten zusätzlich Kastanien, die mit ihren großen Blättern Schatten spendeten. Die Temperatur in den Kellern sank und das Bier blieb länger haltbar.
Gerne verweilten die Menschen nach dem Bierkauf noch im Schatten der Bäume und tranken den eigentlich für zuhause gekauften Gerstensaft an Ort und Stelle. Das brachte die Kellerbesitzer auf die Idee, gleich noch eine Brotzeit zu ihrem Bier anzubieten. Das entzürnte wiederum die anderen Wirte, denn in deren Gasthäuser verirrten sich im Sommer kaum noch durstige Seelen. Der Streit loderte, jemand musste ein Machtwort sprechen. Das war kein geringerer als Bayerns König Maximilian I., der am 4. Januar 1812 offiziell erließ, dass Brauereien direkt an Ort und Stelle ihr Bier unters Volk bringen dürfen. Der Verkauf von Speisen war aber fürs Erste ausdrücklich verboten.
Heute locken natürlich überall wieder kulinarische Genüsse, dafür hat sich in Bayern eine andere Tradition aus dieser Zeit erhalten, die Zugereiste oft zum Staunen bringt: Riesige Picknickkörbe werden da ausgepackt, randvoll gefüllt mit leckeren Speisen. Denn dass man seine Speisen selbst mitbringen darf, war fest verankert im königlichen Erlass. Nur die Getränke müssen vor Ort gekauft werden. Die Bayerische Biergartenverordnung von 1999 bestätigt das Brotzeitrecht erneut.
Jenseits der bayerischen Staatsgrenze wollen die Wirte von einem Brotzeitrecht natürlich nichts wissen. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Entscheidend für einen gelungenen Aufenthalt im Biergarten ist ein warmer Sommertag, ein kaltes Getränk und vor allem rundum nette Gesellschaft.
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