Die Gelenke am Ringfinger sowie am kleinen Finger waren steif. Ihre Hand fühlte sich geschwollen an, obwohl sie normal aussah. Einige Monate später wiederholte sich das Ganze an der linken Hand. Im Lauf der Jahre wurden Rosas Hände immer kraftloser. Mal liess sie aus heiterem Himmel ein Buch fallen, mal einen Becher, und der Schmerz wurde immer stärker. „Meine Hände brannten“, berichtet sie. Selbst das Setzen des Blinkers im Auto war eine Qual. „Nachts weinte ich vor Schmerzen“, erinnert sie sich. Rosa wechselte von einem Spezialisten zum nächsten.
Taubheit und ein prickelndes Gefühl im vierten und fünften Finger sind typisch für das Kubitaltunnel-Syndrom, das durch eine Quetschung des Nervs am Ellenbogen verursacht wird. Rosa erhielt daraufhin entzündungshemmende Medikamente, die aber nicht halfen. „Man sagte mir, alles sei in Ordnung, dennoch hatte ich starke Schmerzen“, erzählt sie. Nur wenn sie Handgelenkschienen trug, waren die Schmerzen erträglich. Im Sommer 2016, zehn Jahre, nachdem ihre Schmerzen begonnen hatten, vereinbarte Rosa einen Termin bei Dr. Isaac Shturman Sirota, der ihr von Verwandten empfohlen wurde. Er war plastischer Chirurg am Angeles Lomas Hospital in Mexico City. Testergebnisse deuteten nicht auf einen eingeklemmten Nerv hin, trotzdem fand Dr. Shturman Sirota alle Anzeichen für einen gereizten Nerv: kraftlose Hände, stechende Schmerzen, sobald er die Handgelenke berührte. Als Rosa den Phalen-Test absolvierte, bei dem man die Handrücken gegeneinanderdrückt, verstärkten sich die Schmerzen.
Der Chirurg hielt eine Operation des Handgelenks für unumgänglich, obwohl er nicht sicher war, was er finden würde. Ausserdem musste er seine Patientin von der Notwendigkeit überzeugen, da Rosa grosse Angst hatte, dass währenddessen etwas schiefgehen könnte. Einige Wochen später operierte Dr. Shturman Sirota Rosas rechtes Handgelenk. „Ich fand nur eine gutartige, kaum einen Millimeter grosse Fettgeschwulst (Lipom) am Ellenbogennerv“, berichtet er. Der Chirurg entfernte das Gewebe und schickte es ins Labor. Obgleich das Lipom zu winzig schien, um solche Schmerzen verursachen zu können, gab es keine andere Erklärung. Diese Annahme wurde davon gestützt, dass Rosas Symptome binnen 24 Stunden zu 90 Prozent verschwunden waren und weiter nachliessen. „Die Schmerzen waren wie weggeblasen“, erzählt sie. Auch die Kraft kehrte in die Hand zurück.
Der Pathologiebericht lieferte schliesslich die Ursache der Schmerzen. Unter dem Mikroskop war das winzige Lipom übersät von sogenannten Pacinischen Körperchen – ein sehr empfindliches Gewebe mit Nervenenden. Normalerweise befinden sich die Zellen in der Haut und dienen dem Tastsinn. Bei Rosa hatten sie das Geschwulst extrem empfindlich werden lassen. Dr. Shturman Sirota konnte sich nicht erklären, weshalb sich die Zellen dort angesiedelt hatten. In sehr seltenen Fällen können die Körperchen nach einer Verletzung wie einem Hundebiss in den Finger entartet wachsen. Doch bei Rosa traf das nicht zu.
Fünf Monate später entfernte der Chirurg ein ebensolches Lipom aus ihrem linken Handgelenk. Voraussichtlich ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn seit Ende letzten Jahres bemerkt Rosa stechende Schmerzen in den Daumen, Zeige- und Mittelfingern beider Hände. „Meine Finger schmerzen aber nicht so stark, sie sind noch kräftig, und es behindert mich nicht jeden Tag“, erläutert Rosa. „Aber genau so hat es auch beim letzten Mal angefangen.“ Dr. Shturman Sirota vermutet, dass sich bei seiner Patientin Pacinische Körperchen am Medianusnerv, dem mittleren Armnerv, gebildet haben, die eine weitere Operation nötig machen. Zum Glück weiss der Chirurg nun, wie er Rosa behandeln kann.
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