Manchmal sind sie auch so geheimnisvoll wie ein Blick aus Hundeaugen. Die nachfolgenden Geschichten wurden aus Leserbriefen des Jahres 1948 ausgewählt.
Das unersetzliche Ohr
Schon als ganz junger Hund fand „Don“, unser schottischer Schäferhund, heraus, dass meine Frau durch ihre Taubheit schwer behindert war. Von diesem Augenblick an überwachte Don alle Türklingeln. Rasch lernte er die Glocke der Hintertür von der am Vordereingang unterscheiden. Sobald es läutete, lief er durchs ganze Haus und suchte seine Herrin. Dann bellte er so laut und so lange, bis es ihm gelungen war, sie aufmerksam zu machen. Er packte sie sehr vorsichtig beim Kleid und führte sie an die Tür, die sie öffnen sollte. An der offenen Tür lag er dann regungslos zu ihren Füssen, gab scharf acht und knurrte leise, bis sie ihm zu verstehen gab, dass alles in Ordnung sei. Dreizehn Jahre hindurch war dieser getreue Schäferhund das „unersetzliche Ohr‘‘ in einem Hause des Schweigens. m. n.
Äusserste Verachtung
„Nun, wie war die Schnepfenjagd?“, fragte ich meinen Freund. ,,Ausgezeichnet“, antwortete er. „Ausserdem hatte ich ein merkwürdiges Erlebnis. Ich bin sicher der einzige Mensch der jemals von einem Hund regelrecht beleidigt worden ist.“ Er und sein Freund, der Doktor, waren auf der Schnepfenjagd gewesen. Sie hatten den Setter des Doktors bei sich, von dem er behauptete, es sei der vorzüglichste Hund weit und breit. Die beiden Jäger postierten sich am Ufer eines flachen Tümpels. Der eine sollte später die Schnepfen haben, die der Hund auf dem rechten Ufer aufstöberte, der andere die auf dem linken. Aber der Doktor bekam die ganze Beute. Der Setter apportierte ihm stolz die gesamte Strecke ohne Rücksicht darauf, wer von beiden die Beute erlegt hatte. Dann aber schoss der Doktor in einem Augenblick völligen Unbedachts aus Versehen eine Wiesenkrähe, einen ganz und gar nicht waidwürdigen Vogel. Sofort apportierte der Setter die gefallene Krähe, schwamm durch den Tümpel und liess sie zu Füssen meines Freundes fallen. b. s.
Der unbekannte Retter
An einem Winterabend nach heftigen Schneefällen entlief mein 12-jähriger französischer Zwergpudel und zog sich irgendwo draussen in der Schneewüste schwere Verletzungen zu. Wahrscheinlich wurde er von einem Schneepflug erfasst. Jedenfalls lag er hilflos in einer Schneewehe an der Strasse. Er wäre sicher dort verendet, wenn nicht ein unbekannter Polizeihund sich seiner angenommen hätte. Ein Taxichauffeur brachte mir meinen Pudel zurück und erzählte mir die ganze Geschichte. Er war morgens gegen halb drei Uhr in der Nähe unserer Wohnung vorbeigekommen als plötzlich in seinem Scheinwerferlicht ein Polizeihund aufgetaucht war. Der Fahrer gab Signal, aber der Hund rührte sich nicht von der Stelle. Er blieb starr an seinem Fleck und sperrte den Weg, bis der Fahrer schliesslich bremste und hielt. Der Hund kam an den Wagenschlag und jaulte. Dann lief er quer über die Strasse und blieb bewegungslos stehen. Der Fahrer stieg aus und tappte hinterher durch die Schneewehen. Schwanzwedelnd vor freudiger Erleichterung stand der grosse Hund endlich mit ihm vor dem kleinen verwundeten Pudel. e. b.
Nur in dringenden Fällen!
Penny, unsere schottische Schäferhündin, verachtet Autos. Abgesehen von zwei Fällen, wo sie wegen Krankheit zum Tierarzt musste, haben wir immer ihre Abneigung gegen das Autofahren respektiert und nie versucht, sie dazu zu zwingen. Wir waren deshalb überrascht, als wir Penny eines Morgens am Wagenschlag kratzen sahen. Als sie mich entdeckt hatte, lief sie jaulend und wimmernd zwischen mir und dem Wagen hin und her. Plötzlich kam mir in den Sinn: Sollte Penny zum Tierarzt wollen? Ich kam mir zwar ein weinig närrisch vor, öffnete aber den Wagenschlag. Penny sprang bereitwillig ins Auto und fort ging es zum Tierarzt. Ich traute mir nicht recht, ihm zu sagen, Penny habe verlangt, ihn zu besuchen. Also bat ich ihn nur, sie gründlich zu untersuchen. Er fand tief unter ihrem dicken Fell eine böse entzündete Wunde. Nachdem er die Verletzung behandelt hatte, fuhren Penny und ich wieder heim. Das war vor zwei Jahren. Aber Penny lehnt das Auto weiterhin für Vergnügungsfahrten ab. Sie wollte seitdem nicht wieder mitfahren. f. b.
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