Jetzt endlich raus – oder doch putzen?
Freilich habe ich es gern sauber. Blitzt und glänzt die Wohnung, fühle ich mich ausgesprochen wohl. Im Gegensatz zur Leidenschaft für Kochen und Backen, Stricken und Gärtnern, hält sich die Begeisterung fürs Putzen deutlich in Grenzen. Viele, die es sich leisten können, delegieren das regelmäßige Reinemachen ja an Dritte. Wer dagegen gesteht, Staub und Schmutz gern selbst zu beseitigen, handelt sich schnell den Ruf eines Putzteufels ein. Ich bin eher der Typ dazwischen. Tatsächlich tut es manchmal richtig gut, aufzuräumen und intensiv zu putzen. Ich nehme Gegenstände bewusst wahr, freue mich daran oder stelle fest, dass die Zeit gekommen ist, sich davon zu trennen. Das hat etwas Beruhigendes an sich, ich kann wunderbar nachdenken und so kommt mit der äußeren Ordnung bestenfalls auch die innere Welt wieder ins Gleichgewicht.
Alles auf einmal ist zu vielFrühjahrsputz jedoch klingt so groß, beinahe bedrohlich. Schließlich geht es nicht um die übliche Reinigungsroutine, sondern ans Eingemachte: Schränke ausmisten, auswischen und mit System wieder einräumen, Fenster, Jalousien und Rahmen putzen, Gardinen waschen, Heizkörper säubern, einfach alle Ecken reinigen, die bei der üblichen Putzroutine gerne mal ausgelassen werden. Das kann gehörige Ausmaße annehmen und es ist anstrengend. Nicht umsonst wimmelt es zu dieser Jahreszeit in Zeitschriften und im Internet vor wohlfeilen Tipps, wie der Frühjahrsputz am besten zu bewältigen sei. Wie man sich dazu aufrafft, steht meistens nicht dabei.
Zugegeben: Der Frühjahrsputz hat eine lange Tradition. Für unsere bäuerlichen Vorfahren gab es dafür früher kaum Zeit und so wurden ‚Haus und Hof‘ nach dem Winter, zum Ende der Heizperiode gründlich gereinigt. Auch in meiner Familie wurde das Ritual von Generation zu Generation weitergegeben. „Die Sonne bringt es an den Tag“ – so begründete meine Mutter das Großreinemachen im Frühling und tatsächlich erkenne ich in meiner Wohnung bei Licht betrachtet ein paar Ecken, die es nötig hätten. Aber will ich wirklich tagelang von früh bis spät durch die Wohnung wirbeln, während draußen das Leben tobt?
Weniger Frust, mehr Lust
Meine Lösung für diesen Gewissenskonflikt ist ein entschiedenes ‚sowohl als auch‘: Der Frühjahrsputz wird definitiv erledigt. Ich befolge sogar die allfälligen Ratgeber, indem ich mir einen großen Plan für sämtliche Putzaufgaben mache. Allerdings werde ich mir mit der Umsetzung Zeit lassen. Sehr viel Zeit. Mir ist nämlich klar geworden, dass das Frühjahr drei Monate lang dauert! Das ist doch lang genug, um viele schöne Frühlingstage zu genießen – und auch um ein paar Tage dem Frühjahrsputz zu widmen. Aber nach Lust und Laune, und nicht an einem Stück.
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