Tatort Madrid. Der gebürtige Mexikaner residiert in einer geräumigen Suite der Villa Magna, einem der exklusivsten Hotels der spanischen Hauptstadt. Dabei trägt er grelle, bunte Hippieklamotten zu Sandalen und Fedora-Hut, nippt wahlweise an einem Glas Eiswasser oder redet über Corazon. Ein Album, das sich als Latin Music-Variante des '99er Bestsellers Supernatural versteht, und mit revolutionärem Gedankengut sowie skurrilen Nebenaktivitäten einhergeht.
Reader's Digest: Wenn Sie keine Musik machen, versuchen Sie sich als Designer von Damenschuhen und Handtaschen. Warum das?
Carlos Santana: Ganz einfach: Ich liebe es, Frauen glücklich zu machen. Und sie tragen ja ihren Teil dazu bei, die Wirtschaft anzukurbeln, indem sie Schuhe, Parfüm, Kleider und Handtaschen kaufen. Tun sie das nicht, hat die Wirtschaft ein Problem. Frauen haben die Macht, die Welt zu verändern, und sie halten die Welt am Laufen. Männer glauben nur, dass sie selbst das tun. Die Wahrheit ist: Ohne ihre bessere Hälfte ginge es ihnen miserabel – mir übrigens auch. (lacht)
Demnach müssten sich alle Firmen und Unternehmen, die in der Krise stecken, einfach nur auf Produkte besinnen, die ein weibliches Publikum ansprechen?
Das würde ich so unterschreiben. Einfach, weil es Frauen waren, die Oprah erfolgreich gemacht haben. Und sie haben mein Album Supernatural oderThriller von Michael Jackson zu Bestsellern gemacht. All die erfolgreichen Alben der Musikgeschichte wurden von Frauen gekauft – oder von Männern für Frauen. Man sollte ihr Potenzial nie unterschätzen. Mehr noch: Die meisten Probleme der Welt können nicht von Barack Obama oder dem Papst gelöst werden, sondern nur von Frauen.
Was zu der Frage führt, ob es nicht höchste Zeit für einen weiblichen US-Präsidenten wäre?
Das wäre sogar überfällig. Und ich wäre sowohl mit Hillary Clinton wie auch Michelle Obama glücklich. Außerdem würde ich gerne einen weiblichen Papst sehen. Der aktuelle Papst kommt einer Frau ja sehr nahe. Einerseits, weil er sehr locker ist, was den Umgang mit ihnen betrifft. Und weil es ja offensichtlich ist, dass er einen ganz anderen Ansatz verfolgt als seine Vorgänger. Er stellt sich nicht einfach hin und sagt: "Ich segne dich für dies oder das ..." Nein, nein, nein, er geht tatsächlich auf die Straße. Und allein deshalb habe ich viel Vertrauen in Papst Franziskus. Der Dalai Lama, Desmond Tutu und er könnten wirklich jeden Krieg stoppen. Einfach, indem sie zusammen mit einem bekannten Vertreter Allahs in den betroffenen Ländern auftauchen. Sie hätten die Macht, all diese unsinnigen Kriege zu beenden.
Sie selbst stehen seit 50 Jahren für spirituelle Musik, Liebe, Frieden und Verständnis. Warum findet diese Botschaft so wenig Gehör?
Es gibt immer dieses berühmte letzte Gefecht, ehe dramatische Veränderungen eintreten. Ich erinnere mich zum Beispiel noch genau an zwei unglaubliche Dinge: den Fall der Berliner Mauer und die Freilassung von Nelson Mandela. Das ist es, was ein großer spiritueller Lehrer meinte, als er sagte: "Es geht nur darum, dass die Macht der Liebe die Liebe zur Macht ersetzt."
Carlos Santana
Geboren am 20. Juli 1947 im mexikanischen Autlán de Navarro, aufgewachsen in San Francisco, hat Carlos Santana den Rock mit einer Fusion aus Latin- und Jazz-Einflüssen revolutioniert. Das Fundament einer Karriere, die 1969 mit einem Auftritt beim Woodstock-Festival und Hits wie Black Magic Woman oder Samba Pa Ti begann. 1999 feierte der Gitarrist mit Supernatural ein triumphales Comeback. Das Album verkaufte sich mehr als 20 Millionen Mal. Corazon, das aktuelle Werk des dreifachen Vaters, entstand unter Mithilfe vieler Stars aus der Latino-Branche.
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