Den Zustand der Fahrbahn korrekt erkennen, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einschätzen – bei fast allem, was sicheres Autofahren ausmacht, spielt unser Sehvermögen eine entscheidende Rolle. Umso wichtiger ist es, dass die Augen möglichst gut funktionieren – gerade bei Dunkelheit.
Das menschliche Auge ist ein wahrlich erstaunliches Organ: Die Pupille verengt oder weitet sich je nach Lichtmenge automatisch. Gegenüber Tageslichtverhältnissen kann es seine Empfindlichkeit so um das bis zu 20-fache steigern. Zwei Arten von Sinneszellen fangen das Licht auf, das die Netzhaut trifft. Die nach ihrer Form benannten Zapfen kommen bei Tag zum Einsatz. Sie allein sind verantwortlich für das Farbensehen sowie eine hohe Sehschärfe und Kontraste.
Mit anbrechender Dämmerung übernehmen nach und nach die sogenannten Stäbchen das Sehen. Sie sind für die Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden zuständig. Allerdings: Wie bei einer Kamera mit offener Blende sinkt bei abnehmendem Licht die Tiefenschärfe. Der Bereich, in dem unser Auge Konturen klar abgrenzen kann, wird kleiner.
Zudem ist das Bild, das wir ohne Zapfen wahrnehmen, ohnehin um bis zu 50 Prozent unschärfer. Leichtere Sehschwächen, die Sie bei Tag womöglich kaum bemerken, fallen jetzt deutlicher ins Gewicht.
Dazu kommt: Ein beginnender Grauer Star oder eine Hornhauteintrübung sorgen für eine höhere Lichtstreuung, reduzieren die Sehschärfe und steigern die Blend-Empfindlichkeit. „Viele, vor allem Ältere, haben ein Augenleiden, das sie einfach ignorieren, denn ein Sehfehler tut ja im Gegensatz zu Zahnschmerzen nicht weh“, sagt Dr. Georg Eckert, Sprecher des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands. „Lassen Sie Ihre Augen ab dem 40. Lebensjahr alle ein bis zwei Jahre untersuchen. Wenn Augenerkrankungen in der Familie vorliegen, auch häufiger“, rät Dr. Eckert.
Spätestens aber, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihnen das Sehen bei Dunkelheit schwerer fällt als früher, ist ein Besuch beim Augenarzt ratsam. Die meisten Praxen haben spezielle Testgeräte für das Sehen bei Dämmerung. Facharzt Eckert macht Mut: „Es gibt wenig, was man nicht beheben könnte. Einen grauen Star zum Beispiel kann man leicht operieren.“
Blendung durch Fernlicht vermeiden
Auch das gesündeste Auge kann sich auf einer unbeleuchteten Landstraße nicht mit einem Wimpernschlag auf das helle Licht eines entgegenkommenden Autos einstellen. Nicht selten vergisst dessen Fahrer zudem, sein Fernlicht abzublenden. Aber auch falsch eingestellte Scheinwerfer oder Bodenwellen sorgen für gleißenden Lichteinfall im Auge.
„Stellen Sie bei Dunkelheit Ihren Sitz etwas höher, das vermindert zumindest dieses Problem“, rät Julia Spicker vom ADAC Nordrhein in Köln. Blendet Sie trotzdem das Licht eines Fahrzeugs, schauen Sie ganz bewusst nicht in Richtung der lästigen Lichtquelle, sondern versuchen Sie, zur Orientierung die rechte Fahrbahnmarkierung im Auge zu behalten.
Achten Sie auch darauf, sich nicht selbst zu blenden. Falls möglich, dimmen Sie die Instrumentenbeleuchtung am Armaturenbrett. Vergessen Sie nicht, Ihren Navigationsbildschirm auf den Nachtmodus umzustellen.
Klare Sicht - verschmutzte und vereisten Scheiben gefährlich
Es ist zwar eine Binsenweisheit – aber dennoch wichtig: Klare Scheiben sorgen für besseren Durchblick. Mit dem Einsatz der Klimaanlage senken Sie die Luftfeuchtigkeit im Auto zügig und verhindern so, dass die Fenster beschlagen.
„Für eine gute Sicht sind saubere Scheiben und intakte Scheibenwischer unerlässlich“, mahnt Dekra-Sprecher Wolfgang Sigloch. Gerade im Herbst und Winter leert sich der Waschwasserbehälter zügig, gilt es doch aufgewirbelte Gischt mit Schmutz oder Streusalz von der Frontscheibe zu wischen.
Verwarngeld bei schmutziger oder vereister Scheibe möglich
Eine schmutzige – oder gar vereiste Scheibe – ist im Hellen wie im Dunkeln ein Unfallrisiko, das die Polizei zudem mit einem Verwarnungsgeld ahnden kann. Was für die Scheiben gilt, betrifft die Scheinwerfer genauso: Schmutz, Salz oder gar Schnee auf dem Glas lassen selbst die stärkste Leuchte zur Funzel werden.
Füllen Sie vor langen Fahrten das Waschwasser auf, und lagern Sie am besten eine volle Flasche im Kofferraum. Vergessen Sie nicht, Frostschutzmittel beizumischen. Wenige Dinge sind bei Autofahrten im Winter so lästig wie zugefrorene Waschdüsen. Neben einem Eiskratzer auch ein Fläschchen Enteiser dabei zu haben ist deshalb immer ratsam.
Bei vereisten Scheiben nicht die Scheibenwischer betätigen
Auf keinen Fall sollten Sie vereisten Scheiben einfach mit den Scheibenwischern zu Leibe rücken. Denn nichts ruiniert die Wischerblätter schneller als das Fegen über scharfkantige Eiskristalle. Auch so sind die Gummistreifen der Schwachpunkt der Scheibenwischer. Die ultraviolette Strahlung macht sie mit der Zeit porös und lässt sie verhärten.
Bei den heute üblichen Kundendienst-Intervallen von 30 000 Kilometern machen die meisten Wischerblätter schon vor dem nächsten Service schlapp: Ältere Exemplare ziehen Schlieren, die dann im Scheinwerferlicht störende Reflexionen verursachen. Oft reicht es schon, wenn Sie die Gummistreifen einfach abwischen. Falls das nicht hilft, hat jede größere Tankstelle für gängige Automodelle Ersatz im Regal.
Scheinwerfer richtig einstellen, Fahrbahn erkennen
Zum guten Ton im Verkehr gehört auch, dass Sie selbst nicht zum Blender werden. Viele Fahrer unterschätzen beispielsweise die Helligkeit der Nebelschlussleuchte. Das kräftige rote Rücklicht dürfen Sie laut Gesetz ohnehin nur bei starkem Nebel mit Sichtweiten unter 50 Metern einschalten.
„Zu hoch eingestellte Scheinwerfer blenden den Gegenverkehr“, warnt Dekra-Unfallforscher Markus Egelhaaf. „Außerdem können sie das Fahren im Dunkeln zum Blindflug machen.“ Das richtige Einstellen der Scheinwerfer gehört beim Kundendienst zum Service. Sollte es bis zum nächsten Termin noch eine Weile hin sein, bitten Sie Ihre Werkstatt beim Wechsel auf Winterreifen, kurz das Licht zu prüfen.
Optimal eingestellte Scheinwerfer erlauben es Ihnen unter anderem, den Zustand der Fahrbahn die vielleicht entscheidenden Sekunden früher zu erkennen: Glänzt der Asphalt, deutet das auf Nässe hin. Glitzert er, droht Reifglätte. Aufgepasst bei Kälteeinbrüchen vor allem beim Überqueren von Brücken! Der Boden und damit die Straße mögen noch keinen Frost haben, der kalte Luftzug unter der Brücke kann die Feuchtigkeit auf der Fahrbahn aber schon gefrieren lassen.
Übrigens: Selbst Fahrer mit Adleraugen können im Dunkeln mangels Bezugspunkten Entfernungen deutlich schwerer abschätzen. Ein größerer Abstand empfiehlt sich also ebenso wie ein reduziertes Tempo gerade auf kurvigen und unbeleuchteten Strecken. Hier ist auch die Gefahr, die durch Wildwechsel droht, besonders groß. Wildtiere trauen sich vor allem in der Dämmerung aus dem Wald – und die dauert im Herbst und Winter länger als im Sommer.
Fit auf die Fahrt begeben, Pausen einplanen
Kommt am Steuer zur eingeschränkten Sicht noch der Faktor Müdigkeit hinzu, wird es kritisch. Berufskraftfahrer müssen aus gutem Grund nach rund vier Stunden eine mindestens dreiviertelstündige Pause einlegen. Viele Urlauber dagegen lenken ihren Wagen die ganze Nacht. Mit oft schrecklichen Folgen: Fast jeder dritte Unfall, der sich nachts ereignet, endet für einen der Beteiligten tödlich.
„Autofahrer sollten sich kritisch fragen, ob ihnen das Fahren bei Nacht zusagt – wenn ja: nur gut ausgeruht und nicht nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag losfahren! Ansonsten besser in den frühen Morgenstunden aufstehen, etwas Leichtes frühstücken und kurz darauf starten. So vermeiden Sie das unfallträchtige nächtliche Leistungstief“, rät ADAC-Expertin Julia Spicker.
Brechen Sie doch in der Nacht auf, empfiehlt sich alle zwei Stunden eine mindestens viertelstündige Pause. Ein kleiner Spaziergang und ein paar Lockerungsübungen bringen den Kreislauf auf Trab. Aufputschende Getränke wie Kaffee, Cola oder Energydrinks helfen zwar, die Aufmerksamkeit kurzzeitig zu erhöhen, bei nachlassender Wirkung kommt die Müdigkeit anschließend allerdings umso heftiger zurück.
Julia Spicker warnt: „Schlafende Mitfahrer erhöhen das Risiko, selbst auch einzuschlafen, daher am besten mit dem Beifahrer unterhalten.“ Auch wenn es etwas mehr Zeit kostet: Ein Nickerchen von einer Viertelstunde auf dem nächsten Parkplatz entspannt die Lage beträchtlich – und rettet unter Umständen Leben.
Technik, die dem Fahrer hilft
Vielen gelten sie als Luxus, dabei tragen Klimaanlage und Tempomat durchaus zur Sicherheit beim Fahren bei. Eine angenehme und vor allem nicht zu warme Temperatur hält den Kreislauf stabil und beugt Müdigkeit vor. Der Tempomat verschafft den Beinen auf langen Fahrten Entspannung und etwas Bewegungsfreiheit, auch das hält fit. Falls nicht schon vorhanden, sollte bei Ihrem nächsten Auto beides zur Ausstattung gehören.
Das gilt ebenfalls für die Abstandsregelautomatik. Radarsensoren tasten dabei die Umgebung vor dem Auto ab, das Fahrzeug hält selbstständig Sicherheitsdistanz zum Vordermann. Im Notfall warnen sie zusätzlich mit einem akustischen Signal.
Auch in Sachen Licht sind in den letzten Jahren einige Innovationen hinzugekommen. Gut konstruierte Halogen-Scheinwerfer tun weiter verlässliche Dienste, aber immer mehr Autos sind wahlweise mit Xenon-Licht erhältlich. „Diese Gasentladungslampen bieten im Allgemeinen eine bessere Ausleuchtung und sind mit ihrer eher dem Tageslicht ähnelnden Farbtemperatur angenehmer für das Auge des Fahrers“, sagt Henning Busse, Leiter des Service-Ressorts bei der Zeitschrift auto motor und sport.
Ein häufig mit Xenon-Scheinwerfern kombiniertes Extra sind Kurvenlichter. Sie beleuchten über Zusatzscheinwerfer oder Stellmotoren im Hauptscheinwerfer bei Kurvenfahrt den inneren Straßenrand. Das Extra kostet etwa 1000 Euro Aufpreis, sorgt aber für eine deutlich verbesserte Orientierung.
Etwa doppelt so viel kosten LED-Scheinwerfer, die mit einer Matrix aus vielen einzelnen Leuchtelementen und aufwendiger Steuerungselektronik Leuchtweiten und Kurvenausleuchtung automatisch regulieren. Sie passen auch Fern- und Abblendlicht selbstständig an. „Außer erhöhtem Komfort sorgen solche Systeme für einen erheblichen Sicherheitsgewinn bei Dunkelheit und schlechter Sicht“, so Dekra-Sprecher Sigloch.
Auch mit der besten Technik lässt sich zwar die Nacht nicht zum Tag machen. Ist Ihr Wagen aber optimal ausgestattet, sind Brille, Scheiben und Scheinwerfer geputzt und Sie als Fahrer wach und aufmerksam, dann gibt es im Auto selbst zur Geisterstunde nichts zu fürchten.
Winterreifen nicht vergessen - Bußgeld vermeiden
Offiziell sind Winterreifen per Gesetz nur bei Glätte und Schneematsch vorgeschrieben, dennoch ist das Aufziehen von Winterreifen im Herbst ein Muss. Verursachen Sie bei Glätte mit Sommerreifen einen Unfall droht nicht nur ein Bußgeld – Ihre Kasko-Versicherung kann sich auch weigern, den vollen Schaden zu begleichen! Als Zeitraum gilt die Faustregel: von O bis O, also von Ostern bis Oktober.
Ein Satz guter Winterreifen in gängiger Größe kostet etwa 400 Euro. Weil der letzte Winter aber praktisch ausgefallen ist, sind die Regale der Händler voll – es lohnt sich also ein Blick auf Vorjahresreifen, für die es Rabatt gibt. Im Gegensatz zu Sommerreifen können sich die Wintergummis mit ihrem Lamellen-Profil deutlich besser in den Untergrund verbeißen und den Bremsweg dramatisch verkürzen – bei im Dunkeln ohnehin eingeschränkter Sicht ein erheblicher Vorteil.
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